Der neue Suicide Squad ist übermäßig brutal und menschenverachtend, aber wenn man damit kein grundsätzliches Problem hat (ich rede von Film, nicht von Wirklichkeit!), lohnen sich durchaus die Zeit und das Geld für die Kinokarte!
Sie kennen das Spiel:
Canon vs Nikon
FC Bayern München vs 1860 München
Marlboro vs Camel
Coca Cola vs Pepsi Cola
eine beliebig forstsetzbare Reihe von dasselbe-nur-anders.
Gruene vs FDP
Union vs AFD
Linke vs SPD
Beliebig fortsetzbar.
Und so kam es im Laufe der Menschheitsgeschichte eben auch zu:
tatatatahhhh!
Marvel versus DC
Und als lifelong Team Marvel muss ich zähneknirschend gestehen: der neue DC-Film Suicide Squad ist um einige Klassen besser als der letzte Marvel-Film Black Widow!
Pluspunkt 1: es ist keine queer-feministische Kackscheiße! (Kackscheiße klingt wie eine doppelte Fäkalisierung, ist aber ein akademischer Terminus Technicus, der aus Studienfächern wie Woman Studies und Gender Studies in die Sprache gebracht wurde.)
Dass es das werden könnte, war nämlich zu befürchten. Nicht nur, weil das jetzt von den Studios so vorgeschrieben ist. Harley Quinn hatte ja ihren der Vorschrift entsprechenden Solofilm „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“, in dem, wie der Titel schon sagt, Harley Quinn plötzlich voll die „woke Emanze“ wird. Kein echter Comic-Fan will eine feministisch erwachte Harley Quinn sehen!
Harley Quinn ist skrupellos, egomanisch, narzisstisch, leicht pervers, ein bisschen dumm, hat aber letztendlich das Herz immer am rechten Fleck und irgendwie ist sie ein vom Schicksal begünstigter Glückspilz, der alles übersteht, darum ist sie auch überdurchschnittlich risikofreudig und rücksichtslos, weil sie das for granted nimmt. Ihre Achillesferse ist, dass sie so unsterblich in Joker verliebt ist, dass man es nur als hörig bezeichnen kann, weshalb sie sich immer für ihn entscheidet, wenn es darauf ankommt, auch gegen ihre eigenen Interessen, obwohl der sie, wie alle anderen, nur benutzt und immer, wenn es ihm aus der Patsche hilft, oder sie auch mal ihn braucht, im Stich lässt, sie hingegen ihm immer wieder verzeiht. Verläuft ihr Leben eine längere Zeit von Joker getrennt, und tatsächlich verläuft der größere Teil ihres Lebens ohne Joker, trauert sie ihm doch keineswegs nach, sondern lebt eine tendenziell promiskuitive Natur aus.
Wir wollen keine „Oh, ich bin jetzt der Demokratischen Partei beigetreten und mache Wahlkampf für Hillary Clinton“-Harley Quinn! Ihr Solofilm hat entsprechend gefloppt, DC und WB haben daraus gelernt. Harley Quinn war in diesem aktuellen Film so, wie man sie immer kannte.
Pluspunkt 2: dieser Film hatte eine, wenn auch recht einfach gestrickte, echte Handlung, er erzählte eine Geschichte! Mit Beziehungen zwischen den handelnden Personen, die als Individuen ausformuliert sind, mit Wendungen, dramatischem Höhepunkt.
Pluspunkt 3: Im Gegensatz zu Black Widow, wo die Bilder nur Action innerhalb digital-technokratischem Pomp ohne charakteristische Gestaltung sind, hat dieser Film eine bildliche Gestaltung. Er ist durchgehend in einer Art modernisierter 60ger Jahre Pop-Art gehalten, was freilich sehr gut zu DC-Comics passt.
Pluspunkt 4: die Witze sind zwar zuweilen etwas (beabsichtigt) geschmacklos, bringen das Publikum aber durchaus zum Lachen. Einige sind sogar richtig gut.
Pluspunkt 5 ist der zweifache politische Gehalt: hat man die erste Stunde des Films überstanden, die eine einzige ultrabrutale Gewaltorgie ist, in der das Publikum in der Illusion gehalten wird, dass die tollen Amis mal wieder die Welt vor Schandtaten böser Diktatoren retten, kommt der Wendepunkt, an dem klar wird, dass das Böse, gegen welches die Suicide Squad eingesetzt wird, überhaupt erst durch die USA in die Welt gebracht worden war!
Der Höhepunkt der Action ist eine Hommage an den original Ghostbusters von 1984 mit Dan Aykroyd, Bill Murray und Sigourney Weaver. Das ist natürlich das Setzen eines kulturpolitischen Zeichens innerhalb Hollywoods. Ghostbusters war die erste klassische Legacy, die durch die neue Politik gekillt wurde.
Die besteht darin, die Legacies im Dienste der Demokratischen Partei zu highjacken und umzuwerten, in meinem oben verlinkten Verriss von Black Widow gehe ich darauf ein.
Kommt man mit der wirklich extremen Brutalität klar – sagen wir, das Level ist Tarantino mit noch einen Ticken draufgesetzt – hat Suicide Squad durchaus einiges an Inhalt unter der Oberfläche! Damit bekommt die dargestellte Brutalität selbst eine inhaltliche Dimension. Sie dürfen nicht vergessen, dass das eine Comic-Verfilmung ist. Im Comic ist das Bild Sprache und die Kunst der Comic-Verfilmung besteht genau darin, wie im gezeichneten Medium, das Abgebildete aus dem Selbstzweck herauszuheben. Somit versinnbildlicht die dargestellte Gewalt und Menschenverachtung die Gewalt und Menschenverachtung der amerikanischen Politischen Klasse!
Hiermit belasse ich es, obwohl es mehr zu dem Film zu sagen gäbe. So ist mir eine Rezension gelungen, die das Wesentliche anspricht und dabei einigermaßen ohne nennenswerte Spoiler auskommt. Eigenlob tut auch gut.